Mit dem Siegeszug von KI-Tools ist die Erstellung von Bildern einfacher denn je. Doch statt uns zu begeistern, wirken viele dieser Werke austauschbar und wenig inspirierend. Woran liegt das? Und wohin führt das?
Austauschbarkeit in Perfektion
Die moderne KI hat binnen kürzester Zeit eine faszinierende Entwicklung genommen. Das bringt auch einige tiefgreifende Herausforderungen mit sich. Neben ungeklärten Fragen des Urheberrechts ist die erschreckende Austauschbarkeit von visuellen Reizen eine davon. Algorithmen sind in der Lage, beeindruckende Werke zu erschaffen. Doch genau darin liegt der Haken: Alles wirkt irgendwie generisch, charakterlos oder wie aus einer Schablone gegossen. Für das Auge bleibt der Unterschied (noch) deutlich sichtbar.
Schon vor der Ära von ChatGPT, DALL·E, MidJourney und Co. waren wir zuweilen müde von der Flut der Bilder. Das Internet überschwemmte uns mit Hochglanzkompositionen und perfekt inszenierten Momentaufnahmen. Schon „damals“ ertrank die Kraft und Einzigartigkeit des Werks in diesem Schwall. Doch jetzt, da KI die Bildwelten in einem nie endenden Strom reproduziert, fühlt es sich an wie eine Sintflut, in der Tage, Wochen – ja manchmal sogar Jahre – künstlerischen Schaffens in Sekunden von Rechenpower ersetzt werden können. Es ist eine rasante Entwicklung, die auch beänstigend sein kann. Nicht nur für Kunstschaffende.
Das Rad neu erfinden?
Das Rad lässt sich in der Kunst nicht mehr neu erfinden, weder durch uns Menschen noch durch Maschinen. Es ist und bleibt ein Kreis. Doch vielleicht liegt darin auch eine Chance. Wie der Visionär Howard Phillips Lovecraft einst die phanastische Horrorliteratur begründete, indem er neue, bis dato unvorstellbare Horizonte ersann und gleichzeitig universelle Erzählregeln achtete, so könnte auch die Bildgestaltung sich auf ihre Wurzeln besinnen und gleichzeitig die Grenzen erweitern. Auch sie folgt zeitlosen Prinzipien, die aus der Natur selbst abgeleitet sind. Gedanklich ist das nur ein kleiner Schritt zurück.
Denken wir an die Ästhetik des Goldenen Schnitts oder die Fibonacci-Folge, deren Muster in Blättern, Muscheln und sogar Galaxien zu finden sind. Denken wir an die emotionale Wirkung von Licht und Schatten, die schon seit Menschengedenken in der Malerei genutzt wird. Und nicht zuletzt an die tief verwurzelten Urängste, die das Menschliche ansprechen, ja uns Menschen überhaupt erst definieren – Dunkelheit, Isolation, Chaos. All diese Elemente machen Kunst erst wahrhaftig und erzählen uns davon, wer wir wirklich sind. Doch ist das nur meine bescheidene Idee von Kunst. Vielleicht ist deine ja eine gänzlich andere.
Aber ist es zuletzt nicht das, was die Auseinandersetzung mit der Kunst aus macht. Kann ein von Maschinen erstelltes Werk die elementaren Fragen die menschliche Natur betreffend überhaupt zufriedenstellend beantworten, wenn sie das Konzept dahinter gar nicht versteht? Keine Angst vor der Vergänglichkeit hat? Nicht weiß, was Liebe, Verlust oder Hass ist?
Ein Werkzeug, kein Ersatz
Ohne Frage, KI kann ein mächtiges Werkzeug sein, welches Bildschaffenden hilft, ihre Visionen zum Leben zu erwecken und sie zu ergänzen. Ich selbst entdecke jeden Tag neue spannende Möglichkeiten, meine Ideen zum Leben zu erwecken. Nach anfänglicher Skepsis habe ich die KI akzeptiert, in meinen Werkzeugkoffer aufgenommen und bereits sehr viel Spaß mit ihr gehabt. Mein aktuelles Zwischenfazit lautet aber: Das künstlerische Auge wir in absehbarer Zeit nicht von einer Künstlichen Intelligenz übeflügelt werden. Die Fähigkeit, unter die Oberfläche zu blicken, Bedeutung zu schaffen und neue Emotionen zu wecken, bleibt unnachahmlich menschlich.
Schlussendlich ist das doch der Kern der Herausforderung: In einer Welt, die von austauschbaren Bildern übersättigt ist, müssen wir uns darauf besinnen, was für uns selbst die Kunst wirklich ausmacht. Die besten Werke sind nicht die technisch perfekten, sondern die, die uns tief berühren. Dazu muss man die Regeln nicht nur kennen, sondern auch wissen, wann und wie man sie bricht.
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